Ein Leben für die Kunst:

Günther Wolfgang Wachtl

Das folgende Interview durch die Stadtzeitung

Wien-First durchgeführt und in der Ausgabe

18/2007 veröffentlich. 

 

Wenn man mit dem Vorstandsvorsitzenden der Galerie Time, Günter-Wolfgang Wachtl, spricht, dann hört man aus jedem seiner Sätze die Liebe zur Kunst heraus. Man muß schon ein großer nahezu grenzenloser Kunstlieb-

haber sein um heutzutage, ohne einen mächtigen Mäzen im Hintergrund, den Menschen Kunst nahezubringen.

 

Lesen Sie hier, was Günther-Wolfgang Wachtl

zu seinem Metier sagt.

 

 

 

Herr Wachtl Sie führen die Galerie Time in der Wiener Wollzeile.

Wie lebt man als Eigner einer Galerie in einer Zeit in welcher 

auch die Kunst nach neuen Zielen sucht?

 

Wachtl:

Ich bin nicht Eigner der Galerie. Die Galerie Time ist eine Initiative des Kulturkreises Wien. Der Kulturkreis Wien ist eingemeinnütziger Verein der seit acht Jahren besteht und er es sich zur Aufgabe gemacht hat nicht Ausstellungen, sondern auch durch Nischenprogramme Menschen mit Kunst zu konfrontieren. Dazu bieten wir eine enorme Bandbreite an künstlerischen Werken an, von Kleinkonzerten bis zu Ausstellungen. Mein Lebensziel, oder mein Hobby könnte man sagen, war es schon immer, dass ich in der Innenstadt versucht habe die Bürger aber auch die Menschen außerhalb des Bezirkes auf die vielen Kleinode aufmerksam zu machen die der erste Bezirk so ungeheuer vielfältig hat. Viele Wiener laufen daran vorbei. Nicht, weil sie vielleicht nicht interessiert wären, sondern einfach, weil man diese Kostbarkeiten gar nicht kennt. Mein Stolz war es immer im Rahmen der Wiener Bezirksfestwochen etwas Neues aus Kunst und Kultur zu zeigen, da habe ich fast schon eine Fangemeinde.

 

Was meinen Sie damit konkret?

(c) fotopeter.at - Peter Hickersberger. Bild: Günther Wachtl galerie time

Galerist, ist das Ihr ursächliches Metier?

 

Wachtl:

Nein. Ich komme aus der Verkaufsförderung. Da habe ich viele Kontakte zu Grafikern, Künstlern und Fotografen gewonnen. Und es war immer schon meine große Liebe alles visuell aufzunehmen. Ich sage immer, ich würde alle Hände und alle Füße hergeben, aber nur nicht die Augen.

 

Ist es nicht ein Risiko, nur aus Liebe zur Kunst eine Galerie zu führen?

 

Wachtl:

(Lacht). Leben ist immer lebensgefährlich. Dem Kulturkreis Wien bot sich die Möglichkeit Räumlichkeiten hier in der Wollzeile mitbenutzen zu dürfen. Und da es immer wieder das Problem gibt, daß Künstler zwar gerne ihre Werke zeigen möchten, aber nicht überall offene Türen finden – lassen Sie es mich so sagen – war es gedanklich nur mehr ein kleiner Schritt die Galerie zu eröffnen. Man sagt, es gäbe über 10.000 bildende Künstler in Österreich und nur wenigen bietet sich die Möglichkeit mit ihren Werken an die Öffentlichkeit zu gehen. Wobei man natürlich differenzieren muss was man unter dem Begriff Künstler zu verstehen gewillt ist. Heutzutage braucht ja nur irgendeine Rumkugel herumkugeln und schon zählt man zur Künstlerschar.

 

War es schon immer Ihr Wunsch eine Galerie zu führen?

(c) fotopeter.at - Peter Hickersberger. Bild: Günther Wachtl galerie time im Alten Rathaus

Wachtl:

In der Wiener Innenstadt, gibt es allein, nach meinen laienhaften Forschun-

gen, an die 30 Kapellen, die nicht unbedingt alle im kirchlichen Bereich zu

finden sind, sondern teilweise in Amtshäusern und Palais. Und darum geht

es mir: Diese Kostbarkeiten werden relativ schnell vergessen oder, lassen

Sie es mich provokant ausdrücken, missbräuchlich als Abstellraum verwen-

det. Um ein Beispiel zu nennen: es ist erst einige Jahre her, da hat man im

Innenministerium, nach Antritt eines neuen Ministers der einmal alle Räu-

me sehen wollte, einen Raum „entdeckt“ in welchem die Bedienerinnen ihre

Sachen aufbewahrt haben. Und bei näherer Nachschau ist man daraufge-

kommen, daß dies eine Kapelle des ehemaligen Palais war. Es ist dann

gelungen einen Sponsor aufzutreiben, der die Kapelle wieder restaurieren

ließ und heute ist sie in ihrer ursprünglichen Form wieder zu sehen. Die

Kapelle wurde sogar wieder eingeweiht. Solche vergessene Juwele der

Kunst versuche ich wiederzuentdecken. Oft liegt das Objekt in einem Hoch-

sicherheitstrakt. Dann ist es unendlich schwierig ans Ziel zu gelangen.

Aber ich bin beharrlich – und das weiss man inzwischen.

 

(c) fotopeter.at - Peter Hickersberger. Bild: Günther Wachtl - galerie time Zeitkunst
(c) fotopeter.at - Peter Hickersberger - Bild: Günther Wachtl galerie time

Und welches Publikum kommt?

 

Wachtl:

Das ist das schöne. Ein sehr gemischtes Publikum. Wir bieten ja auch die unterschiedlichsten Aktionen. Eine junge Designerin klagte, als Schneiderin sei es so schwer gegen die großen Ketten zu agieren. Da habe ich sie eingeladen und gesagt: ich biete ihnen die Möglichkeit einen Abend lang in der Galerie ihre Sachen herzuzeigen und - soweit ich es kann auch zu helfen.

 

Wie viele Besucher hatten Sie?

 

Wachtl:

So viele, daß wir hergegangen sind und Türen ausgehängt haben. Es waren mindestens 300 Besucher da, und auf der Wollzeile gab es Platzprobleme. Die Aktion hieß „first vienna windows couture“ und die Menschen konnten von draußen sehen wie die Models zur Modeschau geschminkt und vorbereitet wurden. Das war ein Erlebnis. Die Besucher konnten nach Lust und Laune kommen und gehen, doch das Wesentliche war die Leute alles hautnah erleben. Nicht wie sonst bei einer Modenschau.

 

Bei solchen Erfolgen. Warum bleiben Sie bei der Ausstellung von Kunstwerken, wenn Modeschauen mehr bringen?

 

Wachtl:

Erstens, weil ich Galerist bin. Auch wenn bei jedem Verkauf eines Bildes ein Stück von mir mitgeht. Und zweitens: die Vielfalt macht es. Jeden Tag eine Modeschau – das ist übermorgen fad. Kunst aber ist nie fad. Kunst ist Aufregung und Miterleben. Ein Bild kann ich mir – mit Freude – ein Leben lang anschauen. Was man von einem Kleid nicht gerade sagen kann.

 

Ich versuche den Besucher so zu führen, daß er erkennt welche Kunstrichtung ihn anspricht. Das ist das Schönste, wenn jemand kommt, sich ungestört umschaut und Kunst genießt und mich dann fragt: und wie halten sie es in dem Punkt?

 

Ich frage ihn dann ob er ein bisschen was über den oder Künstler/Künstlerin wissen möchte. Und wenn der Künstler persönlich da ist wir laden ihn zu einem Kennenlernen ein. Das passiert fast immer an einem Dienstag – da bieten wir unsere Künstlerplattform an. Der Besucher kann sich in der Galerie ungezwungen aufhalten und mit dem Künstler reden. Es kommen alle. Vom ernst zu nehmenden Sammler bis zum reinguckenden Nebochanten. Aber damit muss man leben. Auch das ist Stadt.

 

Was ist die Hauptrichtung ihrer Galerie?

 

(c) fotopeter.at - Peter Hickersberger - Bild: Günther Wachtl galerie time

Wachtl:

Jetzt wird es einen Aufschrei geben. Viele Galeristen haben eine Linie oder ein Programm. Wir sind durch die örtliche Lage gefordert Künstlern eine Präsenta-

tionsmöglichkeit bieten. Wir haben eine Frauenausstellung gemacht, oder wie erwähnt eine Modeschau. Der, die, Künstler, Künstlerin bekommt bei einen Raum zur Präsentation. Die Künstler können selbst aussuchen welche Werke ihre Arbeit widerspiegeln sollen. Sie sollen sich selbst präsentieren. Es muss

nur künstlerische Arbeit sein und möglichst die Persönlichkeit des Künstlers widerspiegeln. Eine kühne Behauptung: als Klimt noch nicht berühmt war hat

er ein Bild vielleicht um ein Butterbrot hergegeben. Heute beläuft sich der Wert nur eines seiner Bilder in einer sieben- bis achtstelligen Millionenzahl. Das ist

die ewige Frage: in welchem wirtschaftlichen Rahmen bewegt sich Kunst? Wer bewertet das? Es ist eine wahnsinnig schwierig zu beantwortende Frage. Ein berühmtes Beispiel: Herr Essl ist berühmt geworden, weil er wusste welcher Künstler in jungen Jahren später einmal berühmt wird.

 

Das heißt Sie bewerten ein Werk zur Hälfte mit dem Herzen und zur

anderen mit dem Sachverstand, ob da auch Zukunft dahinter steht?

 

Wachtl:

So etwas erkennt man, wenn man eine Zeitspanne Arbeiten von einem Künstler sieht.

 

Diese Frage muß auch gestellt werden: Wie geht es der Galerie wirtschaftlich?

 

Wachtl:

Wir sind ein gemeinnütziger Verein. Jeder Künstler verkauft in seinem Namen zu seinem festgelegten Preis. Wir bieten ihm nur die Möglichkeit der Präsentation. Und zugegeben, mit der Galerie und der Künstlerplattform ist es so wie bei einer Gratwanderung. Nun wie geht es uns? Ich möchte es gerne so sagen: wir experimentieren mit Glück mit großer und kleiner Kunst.

 

(c) fotopeter.at - Peter Hickerberger Bild: Günther Wachtl galerie time

Was muss sich ein Kenner einstecken damit er aus der „Wollzeile“ etwas nach Hause tragen kann?

 

Wachtl:

Bei unserer Weihnachtsausstellung, konnte man ab 50 Euro fündig werden. Ich lade alle ein herzukommen und einen neuen Weg zu finden dem Leben, neben dem schnöden Mammon, auch einen künstlerischen Sinn zu geben. Und wer das (noch) nicht kann soll es hier lernen. Hier kann man das.

 

Herr Vorstandsvorsitzender Wachtl, wir danken für das Gespräch.


 

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